Originaltitel: Thomas und Marco
Herstellungsland: Deutschland
Erscheinungsjahr: 2022
Regie: Marian Dora
Inhalt:
Ein filmisches Experiment von Marian Dora
Review:
Bisher lag mir der Dokumentarfilm THOMAS UND MARCO nur als sogenannte Börsendisc vor, die ich auf einer Auktionsplattform ersteigert habe. Nun schwebt mir vor, mir die DVD von New Film Order zu besorgen, die dieses Jahr erschienen ist. Besondere Aufmerksamkeit liegt zudem noch auf das Bonusmaterial. Seine Erstaufführung hatte der Film meines Wissens in Deutschland 2022 auf dem Weekend of Fear-Festival. Zu der zeit war es noch nicht sicher, ob der Film jemals auf DVD veröffentlicht werden würde. Ein damaliges Statement von Thomas Goersch auf Twitter, ließ nichts gutes vermuten, da die Aussage war, das der Film weder auf einem Festival noch auf DVD veröffentlicht werden würde. Glücklicherweise verlief dann doch alles anders und man kommt doch noch in den Genuss des Filmes. Für mich als Freund von Marian Dora´s Filmen ein klares Highlight.
Man könnte sagen, das der Ursprung des Filmes die beiden Filme PESTHAUCH DER MENSCHLICHKEIT und DAS VERLANGEN DER MARIA D. sind. Beide Filme stellen unterschiedliche Experimente des Regisseurs Marian Dora dar, in denen er heraus finden wollte, ob es bei dem Erlebtem Unterschieden gibt, wenn man einen Film innerhalb eines Hauses und den anderen in der freien Natur dreht. Nach einer Mediabook-Auflage, bei der es wie es scheint damals Probleme gab, erschienen für jeden Film jeweils eine DVD im Schuber. Beides sehr tolle Filme, besonders PESTHAUCH DER MENSCHLICHKEIT, der bei der Erstsichtung durchaus eine kleine Faust in der Magengrube war. Im anderen Film ist Marco Klammer zu sehen, der auch etwas zu sagen hat, was die Produktion von DAS VERLANGEN DER MARIA D. betrifft.
Beide Darsteller in THOMAS UND MARCO sind nicht gerade dafür bekannt, stillschweigend alles hin zu nehmen und tun ihren Unmut gerne mal lauthals in den sozialen Medien kund, speziell Facebook. Nicht das es mich stört oder ich was gegen einen der beiden hätte, im Gegenteil, ganz Unrecht sind manche Aussagen nicht bzw. würde ich sofort so unterschreiben. Aber das ist ein anderes Thema. Das Thema hier ist, dass beide Darsteller Einblicke in ihr Leben, ihre Psyche, ihre Sexualität, in manche Drehs, ihren Ansichten zur Welt usw. preis geben. Bei beiden ist das Thema "Depressionen" ein sehr großes Thema, was man auch merkt. Marco schildert sich, verständlicherweise, eher als der Misanthrop, während sich Thomas eher in der `Opferrolle´ bei manchen Dingen sieht. Auf Grund der krankheitsbedingten als auch der psychosozialen Hintergründe der beiden, sind die Ansichten zur Welt nicht unverständlich.
Wenn es nicht um Thomas und Marco geht, dann geht es um Filme. Ulli Lommel kommt zur Ansprache ebenso wie Werner Herzog oder Marian Dora. Besonders interessant sind die Einblicke seitens Thomas in die Filme DEBRIS DOCUMENTAR und MELANCHOLIE DER ENGEL. Vernetzt wird das ganze mit Ausschnitten aus den Filmen, bei dem mir ein Ausschnitt besonders schwer nicht-zugesagt hat: Die Katzenszene aus MELANCHOLIE DER ENGEL. Ich muss dazu gestehen, das ich den Film bisher zweimal begonnen habe, aber nach einer halben Stunde beendet habe, weil kein Spannungsaufbau statt fand, der mich weiter gehalten hätte. Aber das ist schon mehrere Jahre her und ich gedenke MELANCHOLIE DER ENGEL nochmal eine Chance zu geben, allein schon, weil mich mehrere Szenen interessieren, für die der Film teilweise berühmt-berüchtigt ist.
Eine weitere Besonderheit an dem Film ist der nicht-kopierbare und schöne Drehstil den Dora benutzt. Man hat nicht den Eindruck, das es sich um ein Interview-Video in dem Sinne handelt, wie man es sich vorstellt. Nein, Dora hat einen genauen Blick dafür wie er welche Szene einfängt und der Sepia-Filter tut sein übriges, um den Film nahezu schon in Kunstfilm-Höhen zu hieven. So erhält man ein interessantes als auch wunderschönes Portrait zweier Darsteller, die in (Untergrund)-Film-Kreisen eine höhere Bekanntheit haben und dem Kenner nicht unbekannt sind. Ehrlich gesagt empfand ich die Thematik des Gesprochenen als auch die Kontroverse, die sicherlich bei manchem nicht ausbleibt, durchaus unterhaltsam. Das einzigste auf was ich hätte verzichten können, wären die homo-erotischen Szenen.
Fazit: Marian Dora hat mit diesem Film ein weiteres Mal bewiesen, das er ein Könner ist. Entweder man liebt seine Filme oder man hasst sie, so war es schon immer und wird auch so bleiben. Inhaltlich wird hier Tacheles gesprochen und kein Blatt vor den Mund genommen und das wird sicherlich bei manchem sauer aufstoßen, insbesondere Marco´s Bezüge zur Frauenwelt. Wenn man sich den Film vor nimmt, sollte man definitiv eine Menge Zeit mit bringen, denn zwei Stunden sind nicht ohne und in diesem Fall ratzfatz vorbei ohne das Langeweile aufkommt! Ein weiterer Bonus ist: Auch wenn es sich eher um ein dokumentarisches Interview handelt, gibt es Szenen, die man "nur" in einem Dora-Film findet, oder in anderweitigen Filmen für einen speziellen Kundenkreis. Man möge sich den Film selber anschauen, um sich ein Bild zu machen. Von meiner Seite aus gibt es eine klare Empfehlung!