Originaltitel: Orozco el embalsamador
Herstellungsland: Kolumbien, Japan
Erscheinungsjahr: 2001
Regie: Tsurisaki Kiyotaka
Inhalt:
Der Regisseur Tsurisaki Kiyotaka begleitet drei Jahre lang den kolumbianischen Einbalsamierer und Leichenpräparator Froilan Orozco bei seinem täglichen Handwerk. An einem der gefährlichsten und gewaltreichsten Orten der Welt, dem Stadtviertel "El Cartucho" in Bogotá, geht Orozco seit 40 Jahren seiner Berufung nach, die verstümmelten Leichen der zahl- und gesichtlosen Opfer von Krankheit und Verbrechen für ihren letzten Weg vorzubereiten, um ihnen irgendwie noch einen Hauch von Würde zu verleihen. Der professionelle Leichenfotograf Tsurisaki dokumentiert in seinem Film schonungslos und ungeschönt jegliches Detail dieser Arbeit und katapultiert den Zuschauer mit seiner Kamera in den zutiefst erschütternden Alltag des Mannes Orozco, der bei seiner Arbeit hoch routiniert ist. Jedoch verstirbt Froilan, nachdem er sich nach einer Operation im Krankenhaus, nicht schonend wieder zu früh an seine gewohnte, tägliche Arbeit machte, denn wer soll sonst seiner Ansicht nach, die vielen Toten versorgen...auch ein Einbalsamierer bleibt von Tod nicht verschont.
Review:
Es gibt auf der Welt Gegenden, in denen möchte man aller Voraussicht nach nicht leben. Wenn morgens aus der Haustür raus geht und vermutlich auf der Straße ein paar Leichen rum liegen, dann schauert es einem und man würde am liebsten sofort wieder ins Haus gehen und eine Weile nicht mehr raus kommen. Dieses Bild ist in manchen Ländern und ihren Städten aber der normale Alltag und stellt nichts ungewöhnliches mehr dar, ein Beispiel wäre die ehemalige Straße El Cartucho, Bogota, Kolumbien. Inzwischen wurde aus der Straße ein Park gemacht, war sie in vergangenen Tagen doch eher dafür bekannt, eine der ärmsten und gefährlichsten Gegenden Kolumbiens zu sein, bei dem der Drogenhandel, die Kriminalität und die Armut florierte.
2001 erschien ein Dokumentarfilm aus dieser Gegend, die einen Mann bei seiner täglichen Arbeit zeigt, die nicht dafür bekannt ist, dass die Leute dieser Art von Arbeit nachrennen, sondern sich eher etwas alltäglicheres, für das Gemüt entspannteres raus suchen: Die Einbalsamierung und das her richten von Leichen. Der Film folgt Froilan Orozco Duarte, der seinerzeit der meistbeschäftigte Einbalsamierer der Welt in der gefährlichsten Gegend Kolumbiens war. Hinter der Kamera stand der bekannte Leichenfotograf Tsurisaki Kiyotaka, der auch bekannt für seine Filme THE WASTELAND und JUNK FILMS ist, zudem auch Bücher mit diesem Thema veröffentlicht hat.
Neben den Tätigkeiten von Orozco gibt es auch Aufnahmen aus dem Leben der El Cartucho zu bestaunen, da kommt es schon mal vor, das Mütter mit ihren Kindern die Straße entlang laufen und eine Leiche rum liegt, die Polizei hat alle Hände voll zu tun Drogendealer oder Sexarbeiterinnen festzunehmen, zwischendurch statt Kiyotaka bei einem anderen Einbalsamierer einen Besuch ab, der sich eher negativ über Orozco äußert, doch die meiste Zeit verbringt man während des Filmes in Orozcos Werkstatt. Man merkt es ihm schon an, dass er lange genug dieser Arbeit nach geht, auch wenn sie sehr schlecht bezahlt ist, denn umgerechnet bekommt er um die 50 US-Dollar für eine Leiche, anderswo zahlt man mehr.
OROZCO, THE ELBALMER ist ein wirklich objektiver Blick auf die Auswirkungen von Gewalt und die Normalisierung des Todes auf eine Gesellschaft, die jeden Tag mit dieser Realität des Todes konfrontiert ist. Und trotz seines etwas unsensiblen Verhaltens bei der Arbeit wird Orozco in seiner Gemeinde respektiert, ein beliebter und fröhlicher Mann, der seine Arbeit so ausführt, wie er muss, mit Konzentration und ohne Ehrfurcht. Traurigerweise ist er während der Dreharbeiten an den Folgen seiner Arbeit gestorben, auch, weil er nach seiner Operation gleich wieder ans Werk gegangen ist anstatt sich zu schonen, wie es ihm empfohlen wurde. Eine komische Ironie des Schicksals ist, das gerade er keine anständige Einbalsamierung bekommen hat, wo er doch in seinem Leben genug Leichen einbalsamiert hat.
Von meiner Sichtweise heraus kann ich unterm Strich gar nicht sagen, ob der Film nun in die Kategorie "Nichts für schwache Nerven" fällt oder nicht, weil ich, seitdem ich mich mit Mondofilmen und Shockumentarys beschäftige, genug davon gesehen habe und diesbezüglich abgehärtet bin, auch weil der Tod für mich eine ganz normale Sache darstellt und doch so faszinierend für mich ist, das ich mich privat nur zu gerne damit beschäftige. Der Knackpunkt am Tod ist einfach, das er mehrere Gesichter hat, sowohl schöne als auch hässlich und das wiederum macht ihn manchmal zu dem gefürchteten der Menschen.
Da ich von allem mal abgesehen total auf die Werke von Tsurisaki Kiyotaka abfahre, insbesondere Orozco, gibt es den Film in meiner Sammlung in mehreren Ausführungen. Das wohl schönste und mir heiligste Release was ich zu dem Film habe, stellt die auf 15 Stück limitierte VHS des brasilianischen Labels Carnificine dar, was sich auf extremere Filme spezialisiert hat. An dieser Stelle einen Gruß an Arthur, der für dieses Schmuckstück samt zwei Minipostern verantwortlich ist und keine Mühen gescheut hat, sich etwas besonderes einfallen zu lassen.